Ansprache von Hannes Aschauer
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Namen der Gemeinde Achberg grüße ich Sie alle ganz herzlich zur heutigen Feier unserer 10-jährigen Partnerschaft. Wir, die wir alle aus Achberg zu Ihnen gereist sind, freuen uns, dieses Fest mit Ihnen begehen zu können. Wir danken für die herzliche Aufnahme und für die perfekte Unterbringung und Organisation.In meiner Ansprache vor 10 Jahren zur Unterzeichnung der Urkunde kamen folgende Sätze vor:
Was soll nun dieses Wort Partnerschaft bedeuten?
Wenn zwei liebende Menschen sich heiraten, dann sagen sie ja zueinander. Sie wollen zusammen als Eheleute und Familie leben und akzeptieren sich dabei so, wie sie sind. Wenn sich zwei Gemeinden vermählen, dann können wir natürlich nicht alle zusammen wohnen, so gut es Ihnen aus St. Genis bei uns gefallen sollte und so gerne ich mich bei Ihnen in Ihrer herrlichen Landschaft aufhalte. Aber wir aus Achberg wollen Sie in St. Genis des Fontaines annehmen, so wie sie sind. Und wir wollen Ihnen als Partner zur Seite stehen, so wie wir sind. Wir wollen in einem zusammengewachsenen Europa nicht nur die Sonnenseiten des Lebens genießen, sondern auch den Alltag erleben und auch Schwierigkeiten zusammen lösen. Dieses Miteinander wird sich auf den Ebenen der Verwaltungen, in den Vereinen und am wichtigsten in Freundschaften zwischen den Familien ergeben; es wird sicherlich das gesellschaftliche Leben beider Orte bereichern.Mit dieser Partnerschaft werden wir etwas mehr über uns nachdenken. Wir werden unseren Standpunkt ständig weiterentwickeln, wir werden unsere Rolle in Europa finden und ausfüllen.
Schließlich - und das ist mir das wichtigste - werden wir unseren Kindern etwas Dauerhaftes geben, was der Generation unserer Eltern und meiner Generation in der frühen Jugend nicht vergönnt war: Verständnis, Offenheit und Toleranz dem Nachbarn gegenüber. Daran sollten wir arbeiten.
Nach 10 Jahren kann Bilanz gezogen werden. Zunächst etwas Statistik:
- Wir hatten vor der Hochzeit zwei Begegnungen mit unseren Chören in Achberg und St. Genis.
- Wir feierten 2002 Hochzeit in Achberg und 2003 in St. Genis.
- Die Achberger Musik war drei Mal in den Jahren 2003, 2006 und 2010 in St. Genis zu Besuch.
- Der Achberger Chor ist nach Unterzeichnung der Partnerschaft im Jahr 2007 und dieses Jahr zum zweiten Mal in St. Genis zu Besuch, immer begleitet von einigen Musikanten.
- Der Achberger Sportverein und der Achberger Kirchenchor besuchen St. Genis im Jahr 2005 und 2008.
- Die Gemeinde St. Genis besuchte uns im Jahr 2004 zum Musikfest.
- Im Jahr 2005 kamen viele Radfahrer aus St. Genis zu uns.
- In den Jahren 2007 und 2009 besuchte St. Genis uns zum Herbstmarkt in Achberg.
- Im Jahr 2011 kam der Chor aus St. Genis zu uns und gleichzeitig zum Sommerabendmarkt.
Nach unserer Heirat stehen sieben offizielle Begegnungen in St. Genis nur fünf Begegnungen in Achberg gegenüber – kommt doch mal wieder vorbei!
Was ist noch an Statistik zu vermelden? Ich bin sechs Mal weite Strecken mit dem Rad zu Euch nach St. Genis gefahren, davon zwei Mal die ganze Reise. Im Oktober 2008 sind zwei Achberger mit drei Bergsteigern aus St. Genis auf den Canigou gestiegen. Im Mai 2011 war ich mit dem Landratsamt Ravensburg in St. Genis zu Gast um einen Kulturaustausch von Gemälden aus unseren Regionen konzeptionell vorzubereiten.
Was steht hinter dieser Statistik?
Zunächst einmal viel Arbeit bei allen Organisatoren, allen voran den Vorsitzenden des Comitees de Jumelage. Aber die Arbeit hat sich gelohnt.Ich denke wir haben unsere Ziele erreicht. Jedes Mal, wenn wir uns begegnen entwickelt sich eine Atmosphäre der Freundschaft und der Herzlichkeit. Und wenn es Probleme gibt, dann lösen wir sie gemeinsam und wir wachsen an dabei weiter zusammen. So manches Ehepaar könnte sich nach 10 Jahren an uns ein Beispiel nehmen. Wir haben auch schwere Stunden zusammen bestanden: Die Beerdigung von Bürgermeister Michel Berdaguer im April 2006. Die Kriminalgeschichte nach dem letzten Musikbesuch im Jahr 2010. Bei aller Trauer, bei aller Problematik: Wir stehen zusammen.
Und natürlich gibt es Freundschaften die sich über die offizielle Partnerschaft hinaus privat zwischen den Familien entwickelt hat - und das ist für mich einer der schönsten Effekte unseres europäischen Projekts.
Meine Damen und Herren, es ist nicht selbstverständlich, dass sich Menschen verschiedener Nationen bei all den unterschiedlichen Kulturformen und bei all den Sprachbarrieren so gut verstehen wie das hier und jetzt der Fall ist. Vor 70 Jahren war der zweite Weltkrieg und mich als deutschem Staatsbürger erfüllt es mit großer Dankbarkeit, dass ich hier diese Atmosphäre des Friedens und der Völkerverständigung erleben darf. Wir dürfen die schlimmen, von Deutschland verschuldeten Ereignisse des letzten Jahrhunderts nie vergessen.
Jedes Mal, wenn ich bei meinen Reisen an einem Gedenkstein für unschuldige Opfer deutscher Kriegsverbrechen vorbeikomme, befällt mich ein Gefühl tiefer Scham. Diese Mahnmale bedeuten für mich: Wir alle müssen zusammen dafür arbeiten, dass sich so etwas nie mehr ereignet. Hierfür ist unsere Partnerschaft zusammen mit den vielen anderen Partnerschaften mit französischen und europäischen Städten und Gemeinden ein ganz wichtiges Fundament.
In diesem Sinne freue ich mich auf weitere Jahrzehnte gut gelebter und dem Frieden dienender Gemeindepartnerschaft.